Stadt Wolfenbüttel

Ortsfeuerwehr Wolfenbüttel übte

Samstagmorgen, kurz nach 7 Uhr in Wolfenbüttel – rund 20 Feuerwehrleute des zweiten Zuges der Ortsfeuerwehr Wolfenbüttel sitzen im Innenhof der Wache an der Friedrich-Ebert-Straße. Einige nippen am Kaffee, andere sitzen nur einfach da. Die Müdigkeit steht ihnen noch ins Gesicht geschrieben. Zugführer Tobias Hecht weiß, dass in knapp drei Stunden alle hellwach sein werden. Er hat einen Zugdienst besonderer Art geplant.

Doch zunächst standen ganz banale, wenn auch wichtige Dinge auf dem Programm. Hecht teilte gemeinsam mit seinem Stellvertreter Matthias Hartlich die Mannschaft für den Tag ein. „Wir hatten die drei Fahrzeuge des ersten Löschzugs und die Drehleiter für unsere Aktivitäten eingeplant und auch alle mit Personal besetzt“, berichtet Hartlich.

Derweil hieß es für die Feuerwehrleute, die Einsatzfahrzeuge und deren Ausrüstung zu überprüfen. Atemschutzgeräte, Stromerzeuger, Kettensäge – all diese Geräte galt es probeweise zu testen, ehe alle in den großen Unterrichtsraum zum Frühstück eilten. Inzwischen wuchs die Runde an, denn Mitglieder der Realistische Unfall- und Notfall Darstellung (RUND) waren hinzugekommen. Sie übernahmen an dem Samstag die Rolle der Verletzten und Betroffenen während der Übungen, die sich Zugführer Hecht überlegt hatte. Gemeinsam mit einem Team von Helfern bereitete er im Anschluss die erste Übung vor.

Gegen 09:30 Uhr erfolgte der Alarm von der Integrierten Regionalleitstelle aus. Am „Oderwanderweg“, zwischen der Straße „Im Kalten Tale“ und dem Oderwald, kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Auto und einem sogenannten „Teleskoplader“ – zahlreiche Menschen waren verletzt. Der Feuerwehr-Rüstzug wurde dorthin beordert, auch Fahrzeuge des DRK Rettungsdienst Wolfenbüttel kamen hinzu, besetzt unter anderem mit angehenden Notfallsanitätern. Schon während des Ausrückens erhielt die Gruppenführerin des Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF), Corinna Frobart, über Funk die Information, eines der am Unfall beteiligten Fahrzeuge solle brennen. Das Tanklöschfahrzeug (TLF) der Ortswehr folgte dem Tross der Einsatzwagen. An der vermeintlichen Unfallstelle herrschte derweil hektischen Treiben. Die letzten Vorbereitungen wurden abgeschlossen, Mimen der RUND begaben sich auf ihre Positionen, eine Schale mit brennenden Holzresten simulierte das Feuer am Auto.

Beobachter der Szenerie waren auch Anne Waldmann und Frank Ahlgrim vom SbE-Team Harz und Heide e.V. Der 2004 gegründete Verein kümmert sich um die Vor- und Nachsorge im Rahmen der Streßbelastung nach belastenden Ereignissen. „In der Regel sorgen die Ausbildung, die Erfahrung, die Führung und der Zusammenhalt in Einsatzorganisationen dafür, dass diese Belastungen bewältigt werden“, informiert Waldmann, „aber manchmal können sich als Folge solcher Ereignisse auch Anpassungs- und Belastungsstörungen, in Einzelfällen auch Traumafolgestörungen mit längerfristigen psychosozialen Beeinträchtigungen entwickeln“ erläutert Waldmann weiter.

Mit Stress konfrontiert sahen sich die Helfer auf jeden Fall. Das HLF konnte nicht zu dem Unfall gelangen – eine Frau lag mitten auf der Straße, direkt neben ihrem Fahrrad und einem aggressiv bellenden Hund. Zur Abschätzung der Situation musste Gruppenführerin Frobart daher zu Fuß zum Unfall gelangen. Eine unübersichtliche Lage erwartete die Feuerwehrfrau, ein Mann saß neben dem Unfall teilnahmslos auf der Straße, aus dem Auto ertönte Stöhnen und Wimmern von Menschen, der Teleskoplader hatte den Wagen an einen Baum gedrückt. Nun galt es für sie, ihre Mannschaft so einzuteilen, dass alle Aufgaben bewältigt werden konnten. Unterstützung erhielt sie bei der Koordination durch die Gruppenführer Daniel Jürgens und Phillip Jama. Allesamt trugen sie weiße Handschuhe, die Zugführer Hecht ihnen verpasste. Damit wollte er ausschließen, dass sie selbst Hand anlegten. „Wir haben uns überlegt, dass auch die Gruppenführer einfach mal gefordert werden“, sagt Zugführer Hecht, „sie mussten als Team zusammenarbeiten, denn es waren keine leichten Einsätze an dem Samstag“.

Am Oderwanderweg wurde kurz nach dem Eintreffen der Feuerwehr die Rettung der Fahrzeuginsassen vorbereitet, die Geräte herausgelegt. Die Mitarbeiter des DRK-Rettungsdienst übernahmen die erste Sichtung der Patienten, von der Feuerwehr wurde der Opel Kombi gegen ein Abrutschen in den Straßengraben gesichert. Gemeinsam besprachen die Gruppenführer die Möglichkeiten zur Rettung der Menschen im Auto, darunter auch zwei Kinder. Die Helfer entfernten das Dach des Wagens, so gelang den Helfern Hand in Hand die Rettung der beiden auf den vorderen Plätzen sitzenden Erwachsenen. Für die in Bereitschaft stehenden weiteren Feuerwehrleute gab es auch noch einige Aufgaben, die Unfallstelle musste nach der Rettungsaktion aufgeräumt werden, die benutzten Geräte wieder in die Einsatzwagen gebracht werden. Derweil bereiteten die Rettungsdienstmitarbeiter die verletzten Autoinsassen für den Transport in die Klinik vor – hier endete die Übung. Für die Übung wurde der Oderwanderweg gesperrt. Hecht zeigte sich zufrieden mit dem Ablauf: „„Alle, vom Anfänger bis zur erfahrenen Führungskraft, sollten sich gefordert fühlen“. Das gelang, dem stimmten auch die anderen Beobachter zu.

Text: Stadtfeuerwehr-Presse-Team, Tobias Stein
Fotos: Feuerwehr